Reitturnier Lich

Reitturnier Lich

9. Juli 2017 Aus Von Viviane

Unser erster gemeinsames Turnier 2017 stand am 08.07.2017 an.

Schon vor Wochen habe ich die Dressurreiter A (RA1/2) genannt, die ich eigentlich schon im Schlaf auswendig aufsagen kann. Und trotzdem, war meine Aufregung und meine Nervosität auf höchstem Level. Mir schwirrten Fragen über Fragen durch den Kopf, die ich mir bis dato nicht beantworten konnte.

 

Hatte ich Angst vor diesem Tag, unserem ersten Turnier der schon längst laufende Saison? Ich muss gestehen, dass ich mehr und mehr eine innerliche Unruhe in mir verspürte, die ich bereits aus dem letzten Jahr kannte. Aber warum mache ich mir eigentlich immer so viele Gedanken über das Turnierreiten? Ist es nicht eigentlich nur eine Übung für mein Pferd und mich, auf einem fremden Platz mit eindrucksvoller Dekoration vor Menschen zu reiten, die dein Pferd und dich nach deiner reiterlichen Fähigkeit bewerten? Im Prinzip ist es doch kurz gesagt eine Reitstunde, die man bezahlt hat mit dem Unterschied, dass du bewertet wirst. Mal positiv. Mal negativ. Mal fair. Mal unfair. Das ganze liegt im Auge des Betrachters. Der Richter -irgendwo.

Und trotzdem bin ich gespannt wie ein Flitzebogen, voller Hoffnung, dass Conrado heute für mich eine gute Leistung liefert, die später dann mit einer zufriedenstellenden Wertnote bestätigt wird.

04:45 Uhr – ich bin hellwach und stehe auf meinem Hocker zum Einnähen. Alle Sachen die ich für das Turnier benötige, liegen zur Abfahrt bereit im Hänger. Conrado ist noch ein wenig verdutzt über meine frühe Anwesenheit und fragt sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, was die „Mutti“ denn schon so früh aus dem Bett geschmissen hat. 

05:15 Uhr – alles einsteigen bitte. Papa, Freundin (die zur seelischen und moralischen Unterstützung mit von der Partie ist), Conrado und meine Wenigkeit. Alle an Bord.

Jeder Reiter plant seinen Ablauf fürs Turnier ganz genau. Abfahrtszeit wird mit der pünktlichen Ankunft am Ort des geschehens genaustens geplant, in der Hoffnung keine unerwarteten Umleitungen, Staus oder ähnlichen zeitplantötenden Störungen in Konflikt zu kommen. So auch bei uns: eine kleine Umleitung – Papa dreht elegant auf der Bundesstraße und folgt brav den Anweisungen der schönen Schilder Names „Umleitung“. Mein Herz rast ein wenig, denn wir sind deswegen 10 Minuten im Fahrtverzug. Um 07:00 Uhr beginnt die Prüfung. Eine Stunde vorher da sein – wir haben inzwischen 05:45 Uhr und mein Zeitplan vollkommen durcheinander geraten. 

06:25 Uhr – wir rollen die Wiese zum Anhängerparkplatz hinunter: Eine riesen Pfütze bedingt durch das tolle Regenwetter der Nacht zuvor. Allrad – alles klar. Gaspedal gedrückt mit Schwung hindurch – Auto ein wenig dreckig und wir stehen auf dem zugewiesenen Parkplatz. Der erste Gang (wie bei jedem Reiter) ist der zum Pferd. „Hast du auch alles gut überstanden?“ Als Antwort folgt meist ein missmutiger Blick vom Pferd -alles in bester Ordnung. Zeit für den ersten Kaffee, einem Brötchen (was ich grundsätzlich immer kaufe, aber nie aufesse vor Aufregung) und für die Platzbesichtigung darf keine Minute verschwendet werden. 

Ab da, wird es für meine Nerven kritisch: Blumenkästen, Bäumchen in der Ecke und DER Richterturm – potentielle Feinde, die meinen Vogel zu Höchstleistungen im Sprinten verleiten lassen. Adrenalin, wie habe ich dich vermisst…

06:55 Uhr – einmal Aussteigen bitte! Wir drehen ein paar runden am Strick um den Ort des Geschehens. Seltsame ruhige Stimmung überkam mein Pferd. Bisschen gucken hier und da, aber keine Drachengeräusche, die die Monster schon im Voraus einzuschüchtern sollen. Seltsam. 

07:10 Uhr – auf geht es in die Abreitehalle. Rina (meine Freundin) „Schultern zurück“, Hände vor“, „Mach dich LOCKER!“, zwitschert sie mir fröhlich in mein Ohr… Mein Eindruck von einer „leicht“ gefüllten Halle, die bei einer Dressurreiterprüfung weniger selten vorkommt, war positiv überrascht. Conrado stiefelte seine Runden und war völlig zufrieden mit der Situation jetzt zu Arbeiten. Was meine Erfahrung mit ihm angeht, nichts neues sich unter anderen Pferden zubenehmen, dennoch sehr fragwürdig, als er wirklich anfing sich Mühe zu geben und sich hat fantastisch abreiten lassen. 

07:30 Uhr – Vorbereitungsviereck: Meist schon der Teil, an dem es wirklich manchmal schon super lustig wird, wenn er seinem Prüfungsstress freien Lauf lässt. Meine Anspannung kaum zu übersehen. Böser Blick. Angespannte Haltung. Volle Kanne die Hosen voll. Und was macht mein Vogeltier? Trabt und galoppiert seine Runden in der Vorbereitung und guckt nicht einmal nach potenziellen Geschöpfen, die ihm das Glitzer vom Popo wischen wollen – ohne Glitzer keine Competition.

„Wir erwarten in der Bahn die Kopfnummer 65 – Viviane und Conrado“. Es geht los. Wirklich trauen tue ich dem Braten noch nicht ganz, also rede ich mir den Mund fusselig „braver Junge, dass machst du so prima“ Piepsstimme vom feinsten, um meine Aufregung bloß nicht zu zeigen. Wir sind in der Abteilung hinten, was meistens nicht der beste Platz für mich ist. Denn Conrado wird meist sehr stark und möchte dem Vordermann hinterher. Heute nicht – zwei Kilometer Abstand sollten reichen, um ihn von blöden Ideen abzuhalten. Atmen nicht vergessen, auch wenn er guckt: Beine zu, Innenstellung, weiterreiten! Prima geht doch – gefühlt rennen wir durch die Prüfung, aber meist wird man eines besseren belehrt, wenn man sich die geraden Videoaufnahmen (ohne Ecken) des Vaters ansieht. Während der gesamten Prüfung bekam ich ein immer sicherer werdendes Gefühl und meine Mundwinkel wagten es sich ein wenig zu schmunzeln – ich bin stolz. Keine dramatischen Patzer – eventuell ein bisschen zu hohe Hände, aber dafür kein Pferd, was sich versucht zwischen seinen Vorderbeinen zu verkriechen, um so zu tun, als sei es nicht anwesend. Keine Ausraster, die mit einem Fluchtversuch aus dem Viereck endeten und keine Drehattacken beim Halten. Alles lief so, als sei er ein absolut alter Hase in dem Geschäft „Turnierpferd“.

Die Prüfung ist vorbei und ich umarme meine kleine Schissbuxe, die sich für mich wirklich ins Zeug gelegt hat. Danke – sage ich zu ihm und kann es immer noch nicht fassen, dass er mich so brav durch diese Prüfung getragen hat. 

Am Ende gab es eine 6,7, kein Sieg und keine Platzierung – dafür aber für mich der größte Erfolg, den ich mir für diesen Tag erhofft hatte: Ein braves Pferd, dass mir ein Quäntchen Hoffnung gegeben hat, irgendwann normal durch eine Prüfung durchzukommen. 

Ich bin wirklich sehr stolz auf das, was er an unserem ersten Turniertag geleistet hat.

09:30 Uhr – Ohne Komplikationen rollen wir auf heimatliches Pflaster ein und Conrado kann es kaum erwarten in seine Box zu kommen und zu schlafen. Das erste Turnier ist geschafft!

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Glück ist es dann, wenn die Katastrophe eine Pause macht. -Instagram (consarah93)