LK1 am Zaun
Jeder kennt sie und jeder liebt sie. Die Möchtegern-Reitsportprofis. Wir erleben sie ständig live auf Instagram, wenn sie wieder ihre ganzen „ABC“-Kenntnisse des Reitens auspacken und uns an den Rand der Verzweiflung bringen. Durch ihre durchaus hilfreichen und konstruktiven Beiträge sind wir alle inzwischen so verstört, dass wir unser Pferd direkt zum Verkauf anbieten. Weil wir jetzt einsehen müssen, dass wir es nicht verdient haben auf dem Rücken unserer Pferde zu sitzen und im Allgemeinen überhaupt nichts mit Pferden zu tun haben sollten. Nicht mal ihre wahnsinnig sinnvolle und nett gemeinte Kritik nehmen wir ihnen krumm. Alles total normal und ernst gemeint – nicht!
LK1 am Zaun: Sie sind diejenigen, die direkt draufhauen, ohne sich vorher über den Sachverhalt zu informieren. Durch ihr Wissen – sie haben im Kindesalter angefangen Tiermedizin und Pferdeheilkunde zu studieren und das auch noch in der durchaus bekannten Universität „Holzpferd“ – ist es ihnen auch nicht übel zu nehmen, dass sie ihre Kenntnisse unbedingt auf unzähligen unbekannten/bekannten Instagramseiten verbreiten müssen. Meistens meinen sie das auch nicht böse, denn wenn man auf ihre Instagramseite schaut, muss man sich ein Beispiel an dem nehmen, was sie gerade alles besser machen mit ihrem Pferd. Oder auch nicht? Mit durchgedrücktem Rücken und extrem hohem Schädel läuft der Zosse doch vor der Senkrechten. Richtig. Sie meinten wohl eher den Senkrücken, versteckt sich ja auch das Wort „senk“ drin. Hat aber leider weniger etwas mit der korrekten Anlehnung zu tun. Geschweige denn mit korrektem Reiten. Am besten sollte auch ohne Sperrriemen geritten werden. Es wird ganz hoch angepriesen, diesen nicht zu benutzen. Laut meiner Information des ersten Paragraphen des Grundgesetzes der Universität „Holzpferd“, tut es dem Pferd weh einen Sperrriemen zu tragen (auch wenn dieser korrekt angelegt ist). Hilfsmittel wie Sporen oder Gerte sind für LK1 am Zaun ein absolutes „no go“. Wer gegen die „Rules of the University Holzpferd“ verstößt, der bekommt direkt ihr Leerbuch um die Ohren gehauen. Selbst dann, wenn bereits erklärt wurde wieso, weshalb, warum dieses Bild so ist, wie es ist.
Die Universität lee(h)rte ihnen auch am Besten noch mehr von ihrem Senf dazuzugeben, wenn der bereits geklärte Vorfall wieder in ruhige Gewässer verläuft. Da muss nochmal ordentlich Sturm gemacht werden und die Wellen schlagen wieder höher. Ziel der Übung ist es schließlich ihr geleertes (richtig geleertes!) weiterzuverbreiten. Denn an der Haustür klingeln geht leider nicht. Also ab in die Kommentare damit. Der Gedanke dabei ist, dass jedes Pferd gleich ist. Sie haben ja auch schließlich den gleichen anatomischen Aufbau. Und auch der Organismus ist identisch. Manche von ihnen haben zwar vergessen weiter zu wachsen, aber immerhin: Sie sind ja alle gleich.
Mit dem „gleich und identisch“ haben sie im Prinzip recht. Obwohl sie nicht alle gleich sind. Angefangen beim Charakter, der Leistung und dem Vermögen bis hin zum sogenannten „Talent“. Da scheiden sich die Geister. Und ich sage deshalb: Jedes Pferd muss würdevoll behandelt werden. Damit meine ich fürsorglich und liebevoll. Mit berechtigter Konsequenz und angemessenen Durchsetzungsvermögen. Ohne Brutalität und ohne Angst. Das dies dass oberste Gebot eines jeden Reiters ist, hat „Holzpferd“ in ihrem Leerplan auch mit einbezogen, jedoch nur am Rande, schließlich sind sie etwas ganz ganz besonderes und wissen noch einmal mehr Bescheid, als die nicht „Holzpferd“ studierten!
Und trotzdem posten wir weiterhin unsere täglichen Berichte. Wir „unwissenden“ Reiter wissen inzwischen ziemlich gut, wie wir uns vor LK1 am Zaun schützen. Wir warnen sie bereits mit sarkastischen Hinweisen davor, was es mit dem Bild auf sich hat, bevor sie ihre schweren Geschütze auffahren und grundlos ihr geleertes verbreiten. Wir wissen selbst, dass nicht immer alles perfekt sein kann. Wir sind eben ALLE keine Meister. Aber dafür haben wir – also die, die noch belee(h)rt werden müssen, Training das uns auf den unfassbar fehlerfreien Weg bringen soll.
Mal ehrlich! Wir alle machen Fehler, denn wir lernen jeden Tag dazu. Mensch und Pferd. Solange kein Lebewesen dabei zu Schaden kommt, ist es okay Fehler zu machen. Schließlich üben wir, wachsen an neuen Aufgaben und entwickeln uns weiter. Man möge es kaum glauben – die „echten Profis“, die lernen selbst bei anderen noch „echteren“ Profis, die sich wiederum auch belehren lassen, von anderen die auch sehr viel echte Ahnung haben. Es ist ein Kreislauf des Lernens, um Fehler die gemacht werden, zu reduzieren oder gar ganz verschwinden zu lassen. Wir wollen alle immer alles richtig machen, sonst würden wir diesen Sport nicht betreiben oder uns sogar mit anderen Reiter auf Wettkämpfen messen.
Ich frage mich, wieso immer mehr Menschen denken Mitglied im Club „LK1 am Zaun“ zu sein, würde sie zu etwas besseren machen. Meinen sie wirklich, es wäre der richtige Weg, einem Menschen zu sagen was er falsch macht und seinem Pferd antut? Obwohl er weiß, wo seine Schwächen und seine Stärken liegen? Kennen sie uns schon so gut und eventuell persönlich, um sich dadurch ein Urteil bilden zu können? Noch besser sind die Elitestudenten der Universität „Holzpferd“, die einem unterstellen, dass man ein Tierquäler sei, weil man mit Gebiss, Sperrriemen, Gerte und Sporen reitet. Abgesehen davon: Wer den Einsatz von diesen Hilfsmitteln fair einzusetzen weiß, der macht doch nichts falsch. Es geht um Fairness im Reitsport. Dem Pferd gegenüber und sogar dessen Reiter. Dabei steht das Pferd an erster Stelle. Wieso sind sie der Meinung, dass was sie uns versuchen madig zu machen, viel besser können als wir? Haben sie sich eigentlich schon mal an die eigene Nase gepackt und sich gefragt, ob das was sie tun zu hundert Prozent richtig ist?
Nein, dass haben sie mit Sicherheit nicht. Erfahrungsgemäß werden sie ganz kleinlaut sobald man mit einem Gegenfeuer ihnen den Kampf ansagt. Das Gelee(h)rte ist plötzlich aus den Kommentaren verschwunden. Haben sie eventuell über ihre Kenntnisse nachgedacht und gemerkt, dass sie Unrecht hatten? Wohl kaum. Sie sind feige abgezogen. Denn es gibt auch etwas, was auf der Universität „Holzpferd“ nicht gelehrt wird: Kritik bekommt auch manchmal Gegenkritik.
„Wie man in den Wald ruft so schallt es heraus.“
Konstruktive Kritik ist in Ordnung. Wenn wir aber bereits sagen, dass wir wissen was wir falsch machen und es sogar öffentlich zu geben, dann hetzt doch bitte nicht noch dagegen. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Auch ihr macht Fehler, aus denen ihr (hoffentlich) lernen werdet. Und das ist okay. Solange WIR versuchen das Beste aus uns herauszuholen und dabei die Fairness und die Liebe zum Sport nicht vernachlässigen, sind Fehler vollkommen in Ordnung.