Irgendwie
Wenigstens 2 Mal in der Woche, da tanzen wir wieder. Zumindest habe ich dieses Gefühl letzten Montag wieder gespürt. Conrado lief richtig toll und ich merkte irgendwie, dass er von Runde zu Runde auf dem Dressurplatz mehr wollte. Er kam von sich aus ans Gebiss ran und hat den Rücken aufgemacht. Seit einigen Wochen beobachte beziehungsweise spüre ich, wie gut ihm das Leben gerade tut. Zufrieden schnaubt er ab. Er kaut und ist, wenn auch manchmal etwas lustig drauf, sehr motiviert…
Woran das liegen kann, meine ich eventuell zu wissen. Natürlich kann ich nicht genau sagen, dass meinem Pferd die Füße nicht mehr weh tun, aufgrund der Osphos- Behandlung und dem Spezialbeschlag – aber trotzdem denke ich, dass diese Faktoren eine große Rolle spielen.
Ich reite Conrado maximal 3 Mal in der Woche gymnastizierend in der Halle oder draußen auf dem Platz. Ich baue intervallartig die Grundgangarten ein, damit er stabil in der Muskulatur bleibt und in seinem aktuellen Trainingszustand bleibt. Ich denke, dass ihm das gut tut.
Ich habe auch jetzt bei den milden Temperaturen angefangen mit ihm die Schönheit der Natur mehr zu erkunden. Das heißt, ich habe mich an unsere ersten Ausritte gewagt, gehe regelmäßig mit ihm Spazieren und zeige ihm so viel, wie es geht außerhalb der gewohnten Umgebung. Ich meine, dass uns diese Monate noch etwas mehr zusammengeschweißt haben, als zuvor. Vor all dem Ganzen meine ich zu wissen, dass ihm das seelisch absolut hilft. Er wirkt ausgeglichen. Er hat angefangen Streicheleinheiten zu genießen und neigt dabei zu entspannen. Er macht den Eindruck, als sei er im Einklang mit sich selbst. Sein Wesen hat sich verändert. Vielleicht auch deshalb, weil er vorher schon etwas schmerzen in dem betroffenen Huf gehabt hat. Conrado ist kein Pferd, was seine schmerzen direkt zeigt. Er frisst das mehr in sich hinein und ist dementsprechend „ein anderes Pferd“. Er ist kein offenes Buch, wo jeder draus lesen kann und man weiß, das ihm etwas stört.
Ich habe auch immer gedacht, dass er von Natur aus eher ein „immer unter Strom stehendes“ Pferd ist und keine ruhige Minute kennt.
Was hat das was ich gerade aufgeschrieben habe mit dem Titel „Irgendwie“ zu tun?
Ganz einfach. Das Wort „Irgendwie“ hat für mich eine besondere Bedeutung. Irgendwie heißt für mich, dass es vielleicht so richtig ist, wie ich es gerade mache. Es gibt kein richtig oder falsch, denn es kann genauso gut nächste Woche sein, dass Conrado wieder schlecht läuft und ich einen anderen Weg mit ihm einschlagen muss. Irgendwie nagelt mich an nichts fest. Es gibt mir das Gefühl, dass ich mich treiben lassen kann, von dem was irgendwie „da“ ist. Es wird schon funktionieren, eben weil wir an nichts gebunden sind.
Heute galoppieren wir schon wieder unsere Runden, ohne das Gefühl zu haben, dass ihm sein Strahlbeinsyndrom oder das veränderte Hufgelenk ärger macht. Unsere Trabrunden konstruiere ich gerade ja nach Gefühl – irgendwie, so wie es sich gerade anfühlt. So wie er mitarbeiten kann. Ich binde mich nicht mehr an einem bestimmten sportlichen Ziel. Dieser Traum ist im März für mich geplatzt. An Tagen wie letzten Montag, lasse ich den Momenten den Freiraum wieder zu hoffen und vielleicht an das Unmögliche zu glauben, die Erkrankung wenigstens für eine Zeit lang als „erfolgreich behandelt“ zu unterzeichnen. Auch wenn dies niemals mehr der Fall sein wird.
Irgendwie.