Gibt es wahre Freunde im Reitsport?

Dieses Thema beschäftigt mich schon eine ganze Weile. Gerade, wenn die Turniersaison wieder im vollen Gange ist und man sich einige Platzierungen oder sogar den ein oder anderen Sieg erhofft. Man trainiert mit seinem Pferd so gut wie man nur kann auf die neue Saison hin, um sich im Viereck oder im Parcours bestmöglich zu präsentieren. Ich selber habe es schon erlebt. Es gibt Menschen in deinem Leben, die dir wirklich von ganzem Herzen einen tollen Ritt und berechtigte Wertnoten wünschen.

Trotzdem begegnen einem auch immer wieder solche, die dir einfach Erfolg wünschen, weil es sich so gehört . Denn in Wahrheit interessiert sie es absolut nicht, ob du gut warst oder ganz geknickt aus der Prüfung reitest. Aber um diese Art von Menschen soll es hier nicht gehen.

 

2016, die erste Saison mit Conrado. Meine beste Freundin (sie ist selbst Dressurreiterin und in der Klasse M unterwegs) hat uns auf viele Turniere begleitet. Sie stand am Rand des Abreiteplatzes und gab mir wertvolle Tipps, wenn der Herr sich nicht benehmen wollte oder wenn ich absolut keinen Plan mehr hatte wie genau ich jetzt meine Aufwärmphase beginne. Sie unterstützte mich egal in welcher Situation. Genauso während der Prüfung. Sie stand an der Bande, während meine hilfesuchenden Blicke ihre trafen und sie mir zuflüsterte „Reite! Mach das beste draus!“ Das gibt einem Mut. Denn wenn du in der Prüfung bist und merkst, es klappt nicht so wie du es dir vorgestellt hast, dann bist du drauf und dran die Hand zu heben und aufzugeben. In diesem Turnierjahr hatten wir Momente, da hätte ich am liebsten gesagt, ich lasse es mit dem Turnierreiten.  Bin ich zu doof dafür? Vielleicht doch ganz aufhören? Kommt mein Pferd mit dem Druck und dem Stress nicht klar? Alle diese Fragen kamen auf, als Conrado anfing während einer Prüfung wie vom Blitz getroffen aus dem Viereck zu rennen. Ohne ersichtlichen Grund. Nur die Lautsprecher gingen an und Conrado ist um sein Leben gerannt. Ich sah keinen anderen Weg, als ihn Richtung Ausgang zu lenken, so gut wie es nur ging. Denn an bremsen oder zu versuchen im Viereck zu bleiben war gar nicht zu denken. Er drehte sich, lief rückwärts, rannte los. Das volle Programm. Und dieses Programm zog er nicht nur auf einem Turnier ab. Die ersten Prüfungen in 2016 liefen prima. Wir waren platziert, gewannen sogar eine Prüfung mit 9,0! Und dann – plötzlich lief nichts mehr. Wir dachten er wäre sauer geritten oder hat einfach nur angst. Meine beste Freundin, mein Papa, meine Trainerin – wir alle grübelten und ahmten sogar Turniersituationen nach. Zuhause und beim Auswärtstraining. Conrado machte alles zu unserer Zufriedenheit mit. Also ging es wieder los. Raus aufs Turnier. Es schien, als sei der Knoten geplatzt. Wir waren wieder platziert. Er benahm sich gut und gab mir wieder ein gutes Reitgefühl. Ich muss zugeben, durch die brenzligen Situationen die wir bereits erlebt hatten, bekam ich angst ihn zu reiten. Und mit Angst zu reiten ist definitiv nicht der Schlüssel zum Erfolg. Doch dann fing das Spektakel wieder an. Er wollte aus dem Viereck flüchten. Am Rand stand meine Retterin in der Not und mahnte mich an „Reite zurück. Lass ihm das nicht durch gehen. Und sieh zu das ihr drinnen bleibt!“ Gut, schön wenn man das so einfach sagen kann. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und wendete, setzte mich von meiner „ich habe angst“ – Position wieder tief in den Sattel, machte die Beine zu und schickte ihn vorwärts. Und siehe da, wir ritten die Prüfung ohne weitere Zwischenfälle zu Ende. Natürlich ohne Platzierung. Aber immerhin. Conrado machte was er sollte. Ab diesem Zeitpunkt begann ich wieder selbstbewusster zu reiten. Selbst wenn er meinte sich wieder drehen zu müssen, weil der Richtertisch an dem wir schon 10 Mal dran vorbeigeritten sind ganz plötzlich gruselig ist, blieb ich still sitzen. Ließ ihn gucken und ritt weiter. Er verstand so langsam, dass nichts Schlimmes passiert. Und durch wen habe ich mich dazu durchgerungen mich durchzusetzen und meinem Pferd durch eine korrekte Reitweise Sicherheit zu vermitteln? Richtig. Einer wahren Freundin aus dem Reitsport. Meine inzwischen beste Freundin, die mir mit Rat und Tat zur Seite steht.

Jetzt in der Winterarbeit, kam sie ab und zu während meines Trainings vorbei und schaute sich unsere Entwicklung an. Sie ist stolz auf uns. Auf das was wir uns erarbeitet haben. Sie ist ein Mensch, der dir Kraft gibt, wenn es gerade wirklich überhaupt nicht läuft und wenn du wieder kurz davor bist das Handtuch zu werfen. Sie sagt einem die Wahrheit, ob du sie hören willst oder nicht. Man lernt daraus und vor allem weißt du, auf wen du zählen kannst, wenn du Hilfe brauchst. Zu dem ist anzumerken, dass sie gesagt hat, dass ich mein Ziel mit Conrado nicht aus den Augen verlieren soll. Und das geht nur, wenn ich ihn nicht wieder verkaufe. Selbst dann, wenn es manchmal hart ist und ich am Boden zerstört bin. Es gibt immer eine Person, die es wirklich gut mit dir meint und für dich da ist. Die dir Erfolge gönnt und nach Niederlagen mit dir weiter kämpft. Auch in unserem doch sehr speziellen Sport, der mit viel Neid und Missgunst verbunden ist. Aber es gibt Ausnahmen. Und diese besonderen Menschen sind diejenigen, die unseren Reitsport einzigartig macht. Denn immerhin geht es hier um einen Sport, der mit 2 Lebewesen zu tun hat. Die in der Tat nicht unterschiedlicher sein könnten. Pferde sind keine Sportgeräte und können nicht immer einen guten Tag haben und so „funktionieren“ wie man es gerne hätte. Das was uns Pferdemenschen am wichtigsten ist, ist das Wohl unseres Tieres. Wir gehen Ungereimtheiten auf den Grund und wollen nur das Beste für unser Pferd. Trotzdem ist man manchmal ratlos und findet alleine nicht den richtigen Weg. Deswegen gibt es sie, die wahren Freunde im Reitsport, die dich und dein Pferd unterstützen wollen und mit dir gemeinsam den steinigen Weg gehen um ans Ziel zu kommen.

 

Danksagung:

Mein liebe Joana, ich Danke dir für deine Unterstützung und deine aufmunternden Worte. Du bist eine wahre Freundin, auf die ich mich immer verlassen kann. Du bist ein perfektes Beispiel auf die Frage „Gibt es wahre Freunde im Reitsport?“.  Danke für alles. ♥

Danke an meine liebe Dominique. Es war immer wieder genial, deine Erfahrungen und deine Unterstützung zu haben wenn ich sie brauchte ♥